Die Ausstellung „Körper. Kult. Religion.“ im Video

In der Videoreihe „Körper. Kult. Religion. Exponate“ stellen Forschende des Exzellenzclusters Objekte der interdisziplinären Ausstellung „Körper. Kult. Religion. Perspektiven von der Antike bis zur Gegenwart“ vor, die vom 25. Oktober 2024 bis 26. Februar 2025 im Archäologischen Museum und im Bibelmuseum der Universität Münster zu sehen war.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erläutern in der Videoreihe die Bedeutung der Objekte für das komplexe Verhältnis von Körper und Religion in Antike und Gegenwart. Dabei reichen die vorgestellten Exponate von antiken Körperdarstellungen wie der Bronzerekonstruktion der griechischen Göttin Athena „Lemnia“ über Ritualobjekte wie einem Nagelfetisch aus dem Kongo bis hin zu Nachbildungen berühmter Stücke wie der Totenmaske der Unbekannten aus der Seine.

Themenfeld „Göttliche Gestalten“

  • Bronzerekonstruktion der Athena „Lemnia“ (Kat.-Nr. 13)

    Die Bronzerekonstruktion der griechischen Göttin Athena vom Typus „Lemnia“ zeigt, dass die Götterdarstellungen der griechischen Antike häufig keine spezifisch gezeigte Göttlichkeit besaßen, sondern stattdessen über menschliche Körper verfügten. Durch diese Art der Präsentation waren die Gottheiten Teil der Lebensrealität der Menschen und für sie deutlich greifbarer, was sich auch in der alltäglichen, praktischen Ausübung von Glaubensvorstellungen widerspiegelte. Im Falle der Athena „Lemnia“ ist sie als solche durch den für sie typischen Helm und die Ägis – einen nicht genau fassbaren Gegenstand der griechischen Mythologie, der meist als Schild oder als eine Art Umhang gezeigt wird – gekennzeichnet. (exc/tst)

  • Drei Werke aus der jüdischen Kunst: Wandmalerei mit Ezechiel im Tal der trockenen Knochen, 244–245 n. Chr. (Kat.-Nr. 20); Bildliche Darstellung eines Initiationsrituals, ca. 1310 (Kat.-Nr. 21); Blatt aus einem Gebetsbuch, ca.1270 (Kat.-Nr. 22)

    Die drei Kunstwerke zeigen, wie Gott in der jüdischen Kunst dargestellt und visualisiert wird: Im israelitischen Monotheismus ist Gott nicht als menschenähnliche Gestalt denkbar. Die Wandmalerei aus der Synagoge von Dura Europos in Damaskus mit einer Darstellung des Ezechiel im Tal der trockenen Knochen zeigt, wie Gott dem Propheten die Zukunft Israels nach dem babylonischen Exil offenbart. Zu sehen ist Gottes Hand, die in das Geschehen auf der Erde eingreift. Sie repräsentiert die Kommunikation zwischen Gott und Ezechiel.

    Anders wird Gott in zwei weiteren Werken aus der jüdischen Kunst dargestellt: Die beiden Buchseiten, die sich mit einem Initiationsritual für jüdische Kinder (Kat.-Nr. 21) und der Einsetzung des israelitischen Opferdienstes (Kat.-Nr. 22) befassen, zeigen Gott jeweils mittels eines goldenen Schriftzugs mit dem Wort Adon „Herr“. (exc/fbu)

Themenfeld „Geschlechterrollen?“

  • Statuette der Gottheit Guanyin mit Kind (Kat.-Nr. 72)

    Die Statuette zeigt Guanyin, die chinesische Version des Bodhisattva Avalokiteśvara. Bodhisattvas werden im Buddhismus als moralische und gesellschaftsorientierte Wesen verehrt, die irdische Seelen durch buddhistische Lehren aus dem Kreislauf der Wiedergeburt und somit aus ihrem Leid erlösen. In China wurde Guanyin seit der Ausbreitung des Buddhismus androgyn dargestellt, wobei weibliche Merkmale oft überwogen. Seit dem 12. Jh. entstanden fast ausschließlich weibliche Darstellungen, von denen die hier abgebildete, an eine Madonnenfigur erinnernde Darstellung mit Kind (songzi Guanyin 送子 觀音; Kinder schenkende Guanyin) sich durchgesetzt hat. Mit ihr trat besonders für Frauen eine neue Instanz in Erscheinung, an die sie sich mit ihren Sorgen zum Thema Geburt und Nachkommen wenden konnten. (exc/tst)

Themenfeld „Religion und Heilung“

  • Nkisi Nkondi, ein sogenannter Nagelfetisch, aus dem Kongo aus dem 19./20. Jahrhundert (Kat.-Nr. 101)

    Thumbnail: © Soul of Africa Museum, Essen

    Bei dieser Figur handelt es sich um eine sogenannte Kraftfigur, die von rituellen Spezialisten verwendet wird, um übernatürliche Kräfte zu aktivieren und deren Wirken in der physischen Welt heraufzubeschwören. Eingesetzt werden können die Figuren sowohl für wohlmeinende als auch für übelwollende Zwecke – die minkisi nkondi, zu denen auch diese Figur gehört, wurden etwa für die Jagd auf Übeltäter oder Hexen verwendet. Die Figur besitzt den für minkisi typischen Zusatz eines verspiegelten Behälters im Zentrum des Bauchs, der als bevorzugter Ort und Quelle magischer Kraft gilt. Ebenfalls typisch ist der starre Blick, der oft durch das Anbringen zusätzlichen Materials an den Augen bewirkt wird. (exc/fbu)

Themenfeld „Nach dem Tod…“

  • Nachbildung der Totenmaske der Unbekannten aus der Seine (orig. „L’inconnue de la Seine“) (Kat.-Nr. 117)

    Die Totenmaske stammt der Legende nach von dem Gesicht der Leiche einer unbekannten Frau, die in Paris Ende des 19. Jahrhunderts in der Seine gefunden wurde. Die Maske, die von einem Leichenbeschauer angefertigt worden sein soll, der von der Schönheit der Verstorbenen beeindruckt war, wurde so berühmt, dass sie bis heute aus zahlreichen Reproduktionen bekannt ist. Das Erstellen von Totenmasken zum Gedenken an verstorbene Verwandte war bereits in der römischen Antike ein gängiges Vorgehen, das sich über die Jahrhunderte hielt. Auch in der Neuzeit wurden u. a. von Kaisern, Königen oder berühmten Personen nach ihrem Tode Gipsabgüsse ihres Gesichtes genommen. (exc/fbu)

Themenfeld „Rituale des Lebens“

  • Ikone mit einer Darstellung der Taufe Jesu aus dem 18. Jahrhundert (Kat.-Nr. 158)

    Die Szene zeigt die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den Täufer. Im christlichen Glauben wird in dem Moment der Taufe die Gottessohnschaft Jesu und damit auch die Dreieinigkeit Gottes offenbart. In der Darstellung symbolisiert die weiße Taube den Heiligen Geist, während die Göttlichkeit Jesu durch einen Heiligenschein mit der Inschrift „Der Seiende“ deutlich wird. Für das Christentum ist die im Neuen Testament bezeugte Taufe der zentrale Initiationsritus. Sie symbolisiert die Teilhabe an Tod und Auferweckung Christi. Im christlichen Sinn wird mit der Initiation die Eingliederung in Kirche und Gemeinde vollzogen. (exc/fbu)

  • Tontafel mit Priesterinitiation, 6. Jahrhundert v. Chr. (Kat.-Nr. 148)

    Diese Tontafel stammt aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. aus Uruk im heutigen Irak und ist mit einem Text in Keilschrift versehen. Dieser berichtet davon, wie sich die Tempelbehörde an die Priestergemeinschaft wendet, um zu erfragen, ob ein Anwärter als Priester initialisiert werden darf. In dem Text wird deutlich, welche Voraussetzungen ein Priesteranwärter neben den üblichen Reinheitsvorschriften noch erfüllen musste: Er musste eine „einwandfreie“ Abstammung aufweisen, nämlich Sohn eines Priesters und einer „reinen“ Mutter, d. h. ehelich geboren sein. Aus anderen Texten ist bekannt, dass die Tempelbarbiere Priesteranwärter körperlich begutachteten. So durften Priester keine gesundheitlichen Einschränkungen oder ästhetischen Auffälligkeiten haben, wie z. B. schlechte Sicht, abgebrochene Zähne, Nierensteine, asymmetrische Gesichtszüge oder Hautkrankheiten. Außerdem wurde von ihnen eine moralisch einwandfreie Lebensführung erwartet, was dem Priesteranwärter in diesem Text auch bescheinigt wird.

    Reinheit, sowohl körperliche als auch geistige, war Voraussetzung dafür, den Göttern gegenübertreten zu können. Götter wurden angesichts von Unreinheit schnell verärgert und dann drohte das Misslingen des Rituals, mit allen negativen Folgen für die Gemeinschaft. (exc/fbu)

Themenfeld „Entkörperlichung“

  • Bemalte Holzfigur eines altägyptischen Ba-Vogels mit Menschenkopf (Kat.-Nr. 175)

    Der ägyptische Ba-Vogel ist die Visualisierung eines eigentlich unsichtbaren und körperlosen Konzepts – der sogenannten Ba-Seele. In der Vorstellung der Alten Ägypter war diese ein Teil des Körpers und der Persönlichkeit eines jeden Menschen. Auch nach dem Tod konnte sich die Ba-Seele frei bewegen und sogar in den toten Körper zurückkehren.

    Dargestellt wurde der Ba als ein Vogel mit Menschenkopf. Die hier präsentierte Stauette eines solchen Ba-Vogels ist aus Holz gearbeitet und mit bunten Farben bemalt. Es handelt sich um eine Aufsatzfigur, die ursprünglich vermutlich auf einem Sarg angebracht war. (exc/fbu)