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Münster (upm/ap).
Eine Frau liegt auf dem Sofa und betrachtet auf dem Smartphone die Energieklassen eines Hauses.<address>© stock.adobe.com - Rido</address>
Der Vergleich mit anderen kann Gewohnheiten verändern und zu mehr Klimabewusstsein führen.
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Vergleich mit Nachbarn kann klimafreundliches Verhalten steigern

Psychologie-Team wertete Daten aus 79 Studien aus

Soziale Vergleiche werden immer häufiger als Interventionstechnik angewendet. Sie sind ein wirksames Mittel zur Verhaltensänderung, auch im Hinblick auf einen nachhaltigeren Lebensstil. Das ist das zentrale Ergebnis einer internationalen Metastudie, für die ein Forschungsteam der Arbeitseinheit Klinische Psychologie, Psychotherapie und Gesundheitspsychologie der Universität Münster Daten von 79 Studien aus verschiedenen Verhaltenswissenschaften ausgewertet hat. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Nature Human Behaviour“ veröffentlicht worden. Ausgangspunkt war die Frage, inwieweit soziale Vergleiche dazu beitragen können, Gewohnheiten und somit das eigene Verhalten zu verändern. Der Vergleich mit anderen Menschen ist eine angeborene Tendenz, insbesondere wenn es darum geht, sich selbst für etwas zu motivieren oder eine Krise zu bewältigen. Man kann sich einen solchen Vergleich aber auch gezielt zunutze machen, wenn man eine Änderung seiner Gewohnheiten anstrebt.

Prof. Dr. Nexhmedin Morina und Dr. Thole Hoppen stehen im Freien vor einer Blätterwand.<address>© Thole Hoppen</address>
Prof. Dr. Nexhmedin Morina (l.) und Dr. Thole Hoppen. (Nicht im Bild: Rieke Cuno)
© Thole Hoppen
„Der Abgleich des eigenen Verhaltens mit dem der Mitmenschen beispielsweise in Hinblick auf Gesundheit, etwa Alkoholkonsum oder Bewegung, kann zu einer positiven Gewohnheitsänderung führen. Allerdings gibt es bisher am meisten Belege für die kurzfristige Wirksamkeit und nur wenige Daten zur langfristigen Wirkung“, erläutert Dr. Thole Hoppen, Erstautor der Studie. Bezogen auf klimafreundliches Verhalten führe dies hingegen auch zu langfristig anhaltenden Veränderungen. Ein Beispiel dafür sei eine Information über den Stromverbrauch der Nachbarhaushalte zusammen mit der jährlichen Stromabrechnung, schildert Mitautorin Rieke Cuno: „Wenn ich lese, dass meine Nachbarinnen und Nachbarn im Durchschnitt einen deutlich geringeren Stromverbrauch haben als ich, kann mich dies dazu motivieren, weniger Energie zu verbrauchen.“ Kurzfristige Effekte hinsichtlich des Gesundheitsverhaltens zeigten sich etwa bei der Nutzung von Sport-Apps auf dem Smartphone, mit denen die Anwender ihre Leistung untereinander vergleichen können. Auch bessere Prüfungsergebnisse seien mit dadurch möglich. „Studierende erzielen tendenziell bessere Ergebnisse, wenn sie ihre Leistungen im Vorfeld mit Kommilitoninnen und Kommilitonen verglichen haben, die ein ähnliches Leistungsniveau aufzeigen“, führt Thole Hoppen aus.

„Je häufiger Personen soziale Vergleichsinformationen erhalten, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie ihr Verhalten anpassen“, sagt Prof. Dr. Nexhmedin Morina, Seniorautor der Studie. Allerdings müsse der Standard erreichbar und lebensnah sein, dann sei die Interventionstechnik am erfolgversprechendsten. Der Fokus auf gewünschtes Verhalten sei zudem wirksamer als der auf unerwünschte Gewohnheiten. „Menschen sind tendenziell besser dazu zu motivieren, mehr Fahrrad zu fahren, als auf das Auto zu verzichten“, führt Rieke Cuno ein Beispiel aus. Daher empfiehlt es sich zur Steigerung gewünschter Verhaltensweisen auf Annäherungsziele zu setzen, also Verhalten, das wir steigern möchten, statt auf Vermeidungsziele.

Methodik

Für seine Metastudie durchsuchte das Team die Datenbanken MEDLINE, PsycINFO und Web of Science und wertete Daten aus 79 randomisiert kontrollierten Studien aus. Diese widmeten sich den Auswirkungen des sozialen Vergleichs auf Klimaschutz-, Gesundheits- und Leistungsverhalten. Für die beiden erstgenannten Themenfelder liegen Langzeitdaten vor. Insgesamt berücksichtigte das Forschungsteam Daten von mehr als 1,3 Millionen Testpersonen im Alter von 9 bis 65 Jahren, das Durchschnittsalter lag bei 39 Jahren. Die meisten Daten stammen aus den USA und anderen Ländern mit eher einkommensstarker Bevölkerung. Es wurden keine Verhaltensunterschiede in Bezug auf Geschlecht, Alter oder Nationalität erhoben.

 

Originalveröffentlichung

Hoppen, T. H., Cuno, R. M., Nelson, J., Lemmel, F., Schlechter, P., Morina, N. (2025): Meta-analysis of randomized controlled trials examining social comparison as a behaviour change technique across the behavioural sciences. Nature Human Behaviour; DOI: 10.1038/s41562-025-02209-2.

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